5 Häufige Reiterfehler im Schenkelweichen

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Einleitung


In einer unserer Facebook Gruppen hatte jemand kürzlich nach den häufigsten Reiterfehlern im Schenkelweichen gefragt. Viele Reiter tun sich mit dem Schenkelweichen schwer, vor allem im Trab. Deshalb habe ich mich entschieden das Thema einmal hier im Blogpost zu besprechen, in der Hoffnung, dass es auch andere interessieren wird. Man kann die Diskussion auch auf die “richtigen” Seitengänge übertragen, da die meisten Punkte, die ich anspreche, universelle Gültigkeit besitzen und in allen Seitengängen auftreten.

 

5 Hauptfehler


Es gibt 5 Fehler, die sehr oft vorkommen und es dem Pferd fast unmöglich machen, korrekt überzutreten:

1. Zu viel biegen mit dem inneren Zügel

Das ist wahrscheinlich der häufigste Fehler von allen. Viele Reiter neigen dazu, die Halsbiegung zu übertreiben, indem sie den inneren Zügel zu stark einsetzen. Die Biegung sollte sich so anfühlen und so aussehen, als ob eine gleichmäßige, flache Kurve durch den Körper hindurch geht. Es sollte kein Knick am Halsansatz entstehen. Die zu starke seitliche Halsbiegung blockiert das innere Hinterbein und zwingt das Pferd fast dazu, über die äußere Schulter auszuweichen. Dadurch tritt das äußere Vorderbein sozusagen immer schneller seitwärts als das innere Hinterbein, sodass dieses nie aufholen und übertreten kann.


2. Äußerer Zügel zu lang

Dieser Fehler geht Hand in Hand mit dem ersten. Ist der innere Zügel zu kurz, ist der äußere meistens zu lang. Das trägt zum Knick am Halsansatz und dem Ausweichen der äußeren Schulter bei. Die Aufgabe des äußeren Zügels im Schenkelweichen besteht darin, die äußere Schulter einzurahmen, den Halsansatz mit der Schulter zu verbinden und das äußere Hinterbein mit dem Gewicht und dem Boden zu verbinden.


3. Zur Seite neigen, verbiegen im Oberkörper

Ein Fehler, den viele Reiter in allen Seitengängen machen ohne es zu bemerken, ist das zur Seite Neigen oder Verbiegen im Oberkörper. Ausgelöst wird es meistens dadurch, dass das Pferd nicht übertritt, sodass die Reiterin intuitiv ihren Oberkörper als einen Hebel benützt, um das Pferd vom Gewicht weg zur Seite zu schieben. Leider wird damit nicht die zugrundeliegende Ursache beseitigt, warum das Pferd nicht übertritt, sondern die seitliche Balance gestört. Anstatt das Problem zu lösen, wird also ein neues geschaffen. Es ist besser, im Oberkörper relativ gerade und senkrecht zu bleiben und das Gewicht zu verlagern, indem man den in Bewegungsrichtung befindlichen Gesäßknochen etwas mehr fühlen läßt. Zusätzlich kann man das Becken gemeinsam mit dem Brustkorb des Pferdes mehr in die Bewegungsrichtung schwingen lassen.


4. Nicht genug Beckenrotation

Das ist ein sehr häufiger Fehler, weil Veränderungen in der Beckenposition nicht oft im gewöhnlichen Reitunterricht erwähnt werden. Es kann auch vorkommen, dass die Reiterin zwar ihr Becken dreht, aber die Drehung nicht ausreicht. Die Beckenposition und die Gewichtshilfen bilden gemeinsam das Kernstück der Seitengänge und Wendungen. Sie informieren das Pferd über das “große Bild” dessen, was die Reiterin reiten möchte. Schenkel- und Zügelhilfen sind dagegen das “Kleingedruckte”, das die Details regelt. Gibt die Reiterin keine klaren Anweisungen durch ihre Beckenposition und Gewichtsverteilung, wird das Pferd die Schenkel- und Zügelhilfen nicht verstehen. Hieraus entstehen viele Widerstände gegen die Schenkel und Zügel.


5. Klammern mit dem inneren Schenkel

Klammernde Schenkel in Seitengängen sind oft das Resultat von falschen Gewichtshilfen. Wenn die Gewichtshilfe das Pferd anweist, nach links zu gehen, während die Schenkelhilfe ihm sagt, es soll nach rechts gehen, dann gibt es einen Widerspruch und das Pferd muss entscheiden, auf welche Hilfe es hört. Gewichtshilfen sind primärer als Schenkelhilfen, ihre Wirkung ist direkter und Pferde verstehen sie intuitiv. Schenkelhilfen müssen dagegen dem Pferd erst erklärt werden und wenn es einen Widerspruch zwischen einer intuitiveren Hilfe und einer weniger intuitiven Hilfe gibt, dann wird das Pferd eher auf die intuitive Hilfe hören und die weniger intuitive Hilfe ignorieren als umgekehrt. Deshalb gehen Pferde oft mit dem Gewicht mit, aber gegen den Schenkel, was die meisten Reiter dann leicht dazu verführt, mit dem Schenkel zu quetschen oder zu treten, anstatt den Widerspruch aufzulösen, indem sie ihre Gewichtshilfe ändern. Manchmal werden klammernde Schenkel auch von schlechtem Timing der Hilfen verursacht. Wird die Schenkelhilfe erteilt, wenn das entsprechende Hinterbein nicht dazu in der Lage ist zu antworten (z.B. weil es gerade die Körpermasse stützt und in dem Moment nicht abheben kann), wird das Pferd meistens die Schenkelhilfe ignorieren, was viele Reiter wiederum zum Klammern oder Treten führt. Ungenügende Rumpfmuskelspannung und damit ein instabiler, unausbalancierter Sitz können  ebenfalls zum Klammern mit den Beinen führen. In diesem Falle ist es ein Überlebensmechanismus, um nicht herunterzufallen.

 

Tipps zum Schenkelweichen


Alle Seitengänge erfordern eine gewisse seitliche und vertikale Beweglichkeit der Hinterhand. Fehlt diese Mobilität, dann wird jede Form von Übertreten schwierig sein. Ein wichtiger Teil des Problems besteht darin, dass die Hinterbeine sich nicht genug unter dem Gewicht beugen. Sie fußen auf und fangen sofort an zu schieben, wodurch ein Übertreten fast unmöglich wird. Im Schenkelweichen soll das innere Hinterbein vor dem äußeren übertreten. Das ist aber nur möglich, wenn das äußere Hinterbein seine oberen Gelenke beugt und die Last lange genug stützt, damit das innere Hinterbein übertreten kann. Überspringt das äußere Hinterbein nach dem Auffußen die Stütz- und Beugephase und fängt sofort an zu schieben, dann katapultiert es den Körper gerade nach vorne, ohne dem inneren Hinterbein genügend Zeit zum Übertreten zu lassen.


Man kann dieses Zeitfenster, welches das innere Hinterbein zum Übertreten braucht, erzeugen,  indem man halbe Paraden (äußerer Steigbügel + äußerer Zügel) ins äußere Hinterbein erteilt, um das Tempo zu verlangsamen. Die halben Paraden erlauben es der Reiterin, das äußere Hinterbein länger auf dem Boden zu halten und seine Gelenke mit Hilfe des Gewichts zu beugen, wodurch das innere Hinterbein die Gelegenheit zum Übertreten erhält. In  schwierigen Fällen muss man eventuell ein paar mal ins äußere Hinterbein anhalten. Dann kann man mit ein paar Tritten Vorhandwendung in der Bewegung die Schenkelweichen Stellung herstellen. Sobald das Pferd die gewünschte Abstellung erreicht hat, kann man im Schritt anreiten und versuchen, denselben Grad der Abstellung beizubehalten.


Nachdem man das äußere Hinterbein verlangsamt hat, bringt man die äußere Hüfte etwas nach vorne und die innere etwas nach hinten. Diese Beckenrotation sollte eine Rotation des Pferdebeckens erzeugen.


Das Gewicht verlagert man in die Bewegungsrichtung, sodass man das Pferd mit dem Gewicht zur Seite mitnimmt, anstatt es vom Gewicht wegzuschieben.


Zusätzlich kann man eine treibende Schenkelhilfe mit dem inneren Schenkel anwenden, um die Beckenrotation und die Gewichtshilfe zu unterstützen. Eventuell muss man den äußeren Schenkel momentan ganz wegnehmen, um eine deutliche Lücke zu schaffen, in die das Pferd hineintreten kann. Treibt man mit beiden Schenkeln gleichzeitig, wird das Pferd verwirrt.

 

Abschluß


Alles zum Schenkelweichen Gesagte trifft auch auf die “richtigen” Seitengänge zu. Die Beckenrotation und die Gewichtsverlagerung der Reiterin in Bewegungsrichtung bilden den Kern der Hilfengebung. Sie geben dem Pferd das “große Bild”. Schenkel- und Zügelhilfen können dann die Details regulieren.

Es ist wichtig, dass der Oberkörper der Reiterin von hinten gesehen senkrecht bleibt.

Ein zur Seite Neigen kann leicht die seitliche Balance stören.

Die Zügel rahmen die Schultern ein und führen sie ohne den Hals zu verbiegen.


Die Schenkelhilfen unterstützen die Sitz- und Gewichtshilfen. Im Schenkelweichen und in den schulterhereinartigen Seitengängen unterstützt der innere Schenkel das Übertreten und der äußere Schenkel unterstützt das Vorwärtsgehen. In den traversartigen Seitengängen verhält es sich umgekehrt.

 

 
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