Rundheit und Weichheit im Galopp

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In den vergangenen 12 Monaten habe ich mit Gulipipas and der Rundheit und Weichheit der Galoppsprünge gearbeitet. Wenn sein Galopp sich nicht gut anfühlt, liegt es daran, dass das innere Hinterbein sich nicht genug beugt. Dies erzeugt ein hartes Gefühl unter dem Sitz und einen Widerstand gegen den inneren Zügel. In dem Maße, wie das innere Hinterbein weicher wird und sich mehr beugt, wird auch die Galoppade runder und weicher.

Das ließ mich an Gustav Steinbrechts Aussage denken, dass Schwung und Abrundung der Galoppsprünge vom äußeren Hinterbein abhängen (1884, 226): “Im Galopp wird noch mehr als im Trabe auf die Beherrschung des auswendigen Hinterbeines zu achten sein, da von dessen Tätigkeit Schwung und Abrundung der Sprünge so abhängen, daß man diese, den richtigen versammelten Galopp kennzeichnenden Eigenschaften, sobald sie irgendwie nachzulassen beginnen, dieselben immer nur durch eine leichte Traversrichtung am schnellsten wiederherstellen kann. Die zwanglose Aufrechterhaltung der gebogen- geraden Richtung ist das einzige Mittel, das durchgreifende Zusammenwirken von vortreibenden und verhaltenden Hilfen zu vermitteln und dadurch die wahre Versammlung zu erzielen.”

Für mich fühlt es sich so an, als ob es eher das innere Hinterbein ist als das äußere, welches das Gefühl der Rundheit und Weichheit erzeugt. Interessanterweise empfiehlt Steinbrecht eine leichte Kruppeherein Stellung, um mehr Kontrolle über das äußere Hinterbein zu bekommen. Der Grund liegt darin, dass das Kruppeherein das äußere Hinterbein mehr unter den Körper bringt. Es überträgt jedoch auch mehr Gewicht auf das innere Hinterbein, was man benützen kann, um dessen Gelenke mehr zu beugen und damit mehr Elastizität und Federkraft zu erzeugen. Steinbrecht und ich scheinen also denselben Sachverhalt von unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

Das äußere Hinterbein hebt die Vorhand hoch. Je mehr es unter die Last tritt, desto höher kann es die Vorhand heben und desto mehr bergauf wird das Pferd galoppieren. Es muss mit einer gewissen Geschwindigkeit und Energie unter den Körper springen, sodass der Galopp sich wie eine Serie kleiner, energischer Sprünge anfühlt, anstatt matt und schwunglos zu werden.

Das innere Hinterbein fängt die Vorhand auf, wenn sie sich wieder senkt. Beugt es sich genug in seinen Gelenken, kann die Körpermasse über beide innere Beine in die Schwebephase rollen, wobei das innere Hinterbein ihr einen letzten Schub gibt. Beugt sich das innere Hinterbein jedoch nicht ausreichend, gibt es einen hart Aufprall, der den Schwung ausbremst. Rücken und Widerrist werden dann nach unten gedrückt und das Pferd geht über den Zügel.

Ich habe eine ganze Reihe von Übungen ausprobiert, um das innere Hinterbein weicher und kräftiger zu machen. Zwei davon haben sich besonders gut bewährt.

Tipp 1. In der ersten Übung lasse ich die Kruppe für 3 Sprünge nach innen weichen, um das äußere Hinterbein mehr unter den Körper zu bringen. Dies kann auch verwendet werden, um die Lebhaftigkeit des Galopps zu verbessern. Dann führe ich das Pferd wieder auf den einfachen Hufschlag, indem ich die Hinterhand 3 Sprünge auf den ersten Hufschlag zurück bewege. Dies bringt das innere Hinterbein mehr unter die Last und wenn man im 1. Takt des Galoppsprungs mit dem inneren Schenkel treibt, wenn sich der Widerrist hebt und das äußere Hinterbein aufgefußt hat, kann man die Vorhand noch höher heben und das innere Hinterbein mehr untertreten lassen. Anschließend reite ich eine Volte, um das innere Hinterbein mehr zu beugen, indem ich das Gewicht der Vorhand auf dasselbe übertrage. Gemeinsam mit der Bewegung der Kruppe auf den 1. Hufschlag verhindert die Volte auch, dass das Pferd die Kruppeherein Stellung ausnützt um schief zu werden.

Tipp 2. Die andere Übung, die sehr gut funktioniert, spielt mit der Betonung der verschiedenen Teile des Galoppsprungs. Ich betone mit dem Sitz zunächst die Aufwärtsbewegung der Vorhand (1. Takt) für 3-4 Sprünge. Während der nächsten 3-4 Sprünge betone ich die Abwärtsbewegung zu Beginn des 2. Taktes, indem ich mich schwerer in das innere Hinterbein sinken lasse. Mein Ziel ist dabei, die Vorhand so weit zu heben und die innere Hüfte so weit zu senken, dass sich die Galoppade dem Pirouette Galopp nähert. Zum Abschluss habe ich die Sprünge im 2. Takt bis zum Arbeitsgalopp verlängert. Dazu habe ich das Pferd mit Sitz vorgeschickt und ein wenig mit dem inneren Schenkel getrieben. Man kann in dieser Übung jederzeit mit einem Schenkel treiben, wenn man das Gefühl hat, dass dies notwendig ist. Die Qualität der Galoppsprünge hat sich bei Gulipipas nach den ersten beiden Teilen der Übung verbessert, als ich wieder im natürlichen Galopp vorwärts geritten bin.

Ich hoffe, diese Übungen helfen Ihren Pferden ebenso wie meinen. Falls Sie sie ausprobieren, können Sie mich wissen lassen, ob sie den Galopp Ihres Pferdes verbessern, oder ob Sie sie in irgendeiner Weise verändern mussten.

- Thomas Ritter