Rehabilitation eines Pferdes, das mit der Kandarenzäumung schlechte Erfahrungen gemacht hat

Ist ein Pferd mit Kandare verritten worden, wird man es in der Regel erst mit der Trense wieder durchlässig machen müssen. Manche Reiter verwenden die Kandare, um Löcher in der Grundausbildung zu überspielen und das Pferd mehr oder weniger gewaltsam beizuzäumen. Dadurch entstehen jedoch immer größere Probleme, genauso, wie wenn man den Schmutz immer unter den Teppich kehrt, anstatt ihn zu entfernen. Irgendwann bildet dieser Schmutz einen Hügel unter dem Teppich, der nicht mehr zu übersehen ist. Auf diese Weise entstehen dann Pferde, die auf Trense nicht mehr durchs Genick gehen, weil sie so steif und fest geworden sind.

Dann bleibt einem nichts anderes übrig, als die ganze Ausbildung noch einmal von vorne anzufangen, nach den Löchern zu suchen und diese zu stopfen. Es ist so ähnlich, wie wenn man beim Zuknöpfen eines Hemdes einen Knopf ausläßt: man muss dann alle Knöpfe wieder aufmachen und von vorne anfangen.

Pferde, die mit der Kandarenzäumung verritten wurden, fallen meistens in eine von zwei Kategorien. Entweder haben sie durch das Ziehen und Festhalten an den Zügeln so massive Verspannungen im Genick und der Hinterhand aufgebaut, dass sie völlig undurchlässig geworden sind, oder sie haben gelernt, sich mit der Kandare zu verhalten und einzurollen, sodass sie sich quasi vor den Gebissen verstecken und sich weigern, an die Reiterhand heranzutreten.

Es ist bei der Ausbildung des Pferdes äußerst wichtig, dass man immer alle Lektionen, Wendungen und Übergänge auch auf Trense reiten kann. Sobald eine Lektion sich nur auf Kandare reiten läßt, aber nicht auf Trense, ist das ein Zeichen, dass etwas schief gelaufen ist.

Reitet man nach einem Kandarentag das Pferd wieder auf Trense, sollte es mit der Trensenzäumung besser gehen als vor dem Kandarentag. Fühlt es sich schlechter an, ist beim Reiten auf Kandare ein Fehler unterlaufen.

Pferde, die festgeritten wurden, müssen auf Trense durch Biegearbeit (gebogene Linien, Übertreten, Seitengänge) in Hüften, Genick, Schultern und Wirbelsäule wieder geschmeidig gemacht werden, was unter Umständen langwierig und mühsam sein kann, aber es führt kein Weg daran vorbei. Geschmeidigkeit und Gleichgewicht sind die Eckpfeiler der Dressur, wie die alten Meister zu sagen pflegten. Hierbei kann übrigens auch der Kappzaum sehr gute Dienste leisten, da er sich in idealer Weise für die Biegearbeit eignet.

Pferde, die den Gebissen misstrauen und sich verkriechen, wird man erst zum Herangehen an die Hand bringen müssen. Auch hierfür eignet sich der Kappzaum in Kombination mit der Tense sehr gut. Die meisten Pferde gehen vertrauensvoller an den Kappzaum als ans Gebiss heran. Manche nehmen anfangs sogar etwas zu viel Anlehnung am Kappzaum. Zu Beginn der Rehabilitation kann man die Trensenzügel leicht durchhängen lassen und zunächst die Hinterbeine dazu bringen, mehr zu schieben, sodass ein Kontakt am Kappzaum entsteht. Vertraut das Pferd der Reiterhand wieder, kann man die Trensenzügel allmählich aufnehmen und das Pferd auffordern, mit den Hinterbeinen zu schieben und nun auch eine Verbindung zum Trensengebiss herzustellen.

Sobald man die Verbindung von hinten nach vorne an den Kappzaum und die Trense hergestellt hat, kann man das Pferd durch Biegen und durch Paraden in niedrige Gangarten und zum Halten geschmeidiger machen.

Hat das Pferd seine innere Einstellung zur Trense geändert, sodass es vertrauensvoll an diese herantritt, kann man die Trense durch das Kandarengebiss ersetzen und über die Vermittlung des Kappzaums auch die Verbindung zu diesem Gebiss herstellen. Zum Schluss kann man den Kappzaum abnehmen und das Pferd mit Unterlegtrense und Kandare zäumen.

Man wird von Zeit zu Zeit immer wieder sowohl die Schubkraft als auch die Durchlässigkeit überprüfen bzw. erneuern müssen, damit das Pferd nicht wieder in die alten Fehler verfällt.