Entwicklung des Körperbewusstseins des Pferdes (Unterrichtsblog)

069a Entwicklung des Körperbewusstseins des Pferdes.png

Wo sind wir und was machen wir heute?

Wir sind immer noch bei Noor Tanger und Patrick Molenaar in NL.

Gestern habe ich mit Patrick und Solo, seinem Kladruberwallach gearbeitet. Es wurde eine Einheit zur Entwicklung des Körperbewusstseins des Pferdes, sowie der Verbindung der Pferdebeine mit dem Boden und dem Gewicht. Im Laufe der Jahre ist mir immer öfter aufgefallen, dass viele Pferde kein gutes Körpergefühl hat. Sie scheinen nicht genau zu wissen, wie viele Beine sie genau haben, oder wo sich diese befinden. Das erinnert mich immer etwas an Quantenphysik: Man weiss entweder, wo sich ein Partikel befindet, aber nicht wohin und wie schnell es sich bewegt. Oder man weiss, wohin und wie schnell es sich bewegt, aber nicht wo es ist. Mit den Pferdebeinen verhält es sich manchmal ähnlich.

In diesen Fällen ist es wichtig, dass man dem Pferd beibringt, dass sich an jeder Ecke seines Körpers ein Bein befindet und dass alle vier Beine vollkommen dazu in der Lage sind, den Körper allein oder in verschiedenen Kombinationen zu stützen. So lange das Pferd diese Lektion nicht gelernt hat, wird es in bestimmten Situationen immer unsicher sein und Angst haben umzufallen , was zu Widerständen und manchmal zu Ängstlichkeit und Scheuen führt. 
Deshalbt sind Übungen so wichtig, die das Körperbewusstsein, die Balance, Koordination, sowie die Verbindung der Pferdebeine mit dem Boden und dem Gewicht entwickeln.

Zuerst testeten wir Solo’s Balance mit einem Oval im Schritt. Ich stellte zwei Kegel im Abstand von 10m - 15m auf. Die Linie zwischen beiden Kegeln verlief parallel zur kurzen Seite, man kann sie aber genauso gut parallel zur langen Seite anlegen. Wir sind Schultervor von einem Kegel zum anderen geritten. Um den ersten Kegel sind wir eine Vorhandwendung in der Bewegung geritten. Das innere Vorderbein war also dem Kegel am nächsten, während die Hinterhand den größeren Kreisbogen beschrieb. Um den zweiten Kegel sind wir eine Hinterhandwendung geritten. Das innere Hinterbein war also dem Kegel am nächsten, während die Vorhand den größeren Kreisbogen beschrieb. Anfangs sollte der Winkel der Abstellung im Schultervor sehr gering sein, damit man das äußere Hinterbein nicht verliert. Es ist wichtig, dass auch die Halsbiegung sehr flach bleibt, damit die Verbindung zwischen Halsansatz und Pferdeschulter nicht verloren geht, insbesondere wenn der Hals von Natur aus lang und beweglich ist.

Es war eine schwierige Balancierübung, die Solo dazu brachte, über seine Beine nachzudenken und die seine Balance und Koordination verbesserte. Als Patrick nach ein paar Wiederholungen geradeaus trabte, war Solo viel besser ausbalanciert und stabil als Ergebnis der Ovalübung.
Anschließend beschlossen wir, seine Beine durch Bügeltritte im Trab auf dem großen Zirkel mit dem Boden und dem Gewicht zu verbinden, um seine Wahrnehmung der vier Ecken seines Körpers zu verbessern. Dazu wählte ich eine Übung aus, die sowohl die diagonalen als auch die seitlichen Beinpaare mit einander verbindet. Es handelt sich um die folgende Sequenz: AV - AV - IH - IH - IV - IV - AH - AH, d.h. man spricht jedes Bein zwei Tritte hintereinander an, bleibt dann 1-2 Tritte neutral und spricht dann das nächste Bein in der Sequenz an. Anfangs verlor Solo durch die Bügeltritte ein wenig Schwung. Deshalb bauten wir sanfte treibende Kreuzhilfen (Rückenmuskeln, nicht Gesäßknochen) ein. Damit konnten wir alle vier Beine mit dem Boden verbinden und gleichzeitig einen guten Schwung erzeugen.

Solo ging vorwärts in guter Balance und mit guter Energie, ohne zu eilen und ohne sich zu verhalten. Diese Bügeltritte können für sich allein angewendet werden oder in Kombination mit einer sanften Zügelhilfe. Die Möglichkeiten sind endlos.