Dressur als Physiotherapie, Teil 1

Einleitung

Pferde sind nicht dazu gemacht, Lasten auf ihrem Rücken zu tragen. Die Anwesenheit des Reitergewichts stört daher zunächst die Balance des Pferdes. Es verändert die Lage des Schwerpunkts und kann die Bewegungsfreiheit des Pferderückens und der Beine einschränken. Fühlt sich das Pferd durch die Reiterin in seiner Balance gestört, wird es bestimmte Muskeln verspannen und sich gegen das Reitergewicht und den Boden stemmen, was zu ungesunden Bewegungsabläufen führt. Muskuläre Verspannungen verringern den Bewegungsrahmen der betroffenen Gelenke und sie führen zu einem harten Auftreten der Beine auf dem Boden, was nicht nur unbequem für Pferd und Reiterin ist, sondern auch die Sehnen und Gelenke des Pferdes unnötig belastet.

Wollen wir das Pferd gesund erhalten, müssen wir also die negativen Auswirkungen unseres Gewichts ausgleichen, indem wir dem Pferd helfen, sich mit demselben Bewegungsrahmen, derselben Leichtigkeit, derselben Balance und derselben Geschmeidigkeit unter der Reiterin zu bewegen wie in Freiheit.


Geraderichtung, Balance und Geschmeidigkeit

Wenn das Pferd geradegerichtet, ausbalanciert und geschmeidig ist, arbeiten alle Muskeln miteinander anstatt gegen einander. Ist das Pferd dagegen schief und unausbalanciert, werden manche Muskeln sich verspannen und anfangen, gegen einander zu arbeiten, was zu der vorher erwähnten Fehlbelastung der Sehnen und Gelenke führt.

Es gibt mehrere Faktoren, die zu Verletzungen des Pferdes führen können, indem sie die Geraderichtung, das Gleichgewicht und die Geschmeidigkeit stören, und es gibt mehrere Faktoren, die die Gesundheit des Pferdes fördern und erhalten, indem sie seine Geraderichtung, Balance und Geschmeidigkeit verbessern.


Typische Faktoren, die der Gesundheit des Pferdes abträglich sind


Geschwindigkeit: Ist die Geschwindigkeit (km/h) zu hoch für den Radius der Wendung, die man gerade reitet, belastet die Zentrifugalkraft die Sehnen und Gelenke der Pferdebeine zu stark.

Tempo: Ist das Tempo zu schnell (zu viele Tritte pro Minute), verliert das Pferd sein Gleichgewicht und fällt auf die Vorhand. Das führt dazu, dass die Vorderbeine einen zu großen Gewichtsanteil stützen müssen, wodurch die Verletzungsgefahr stark ansteigt.

Die Balance des Pferdes ist sehr eng mit dem Tempo verbunden. Für jedes Pferd gibt es einen bestimmten Bereich von Tritten pro Minute, in dem es sich ausbalancieren und loslassen kann. Liegt das Tempo unterhalb oder oberhalb dieses Bereichs wird das Pferd sein Gleichgewicht verlieren und sich verspannen, was die Sehnen und Gelenke unnötig belastet.

Ist das Tempo zu hoch, bleibt den Hinterbeinen nicht genug Zeit, um den gesamten Bewegungszyklus zu durchlaufen: abfußen, vorwärts schwingen, auffußen, sich beugen, die Last stützen und sich wieder strecken und die Last vorwärts schieben. Stattdessen überspringt es die Beugephase und fängt an sich zu strecken und zu schieben, sobald es auffußt. Das Vorschwingen wird dann meistens auch verkürzt. Ohne Beugung der Hinterbeine gibt es keine Stoßdämpfung, sodass die Gänge hart und unbequem werden. Das Gewicht wird auf die Vorhand geschoben, sodass die Vorderbeine überlastet sind und langfristig Schaden nehmen.

Ist das Tempo zu langsam, verbringen die Hinterbeine mehr Zeit auf dem Boden, indem sie die Last stützen. Das kann für das Pferd zu ermüdend werden und zu einem Schwungverlust und zu Muskelverspannungen führen. In diesem Fall ist das Energieniveau zu niedrig, sodass die Impulse der Hinterbeine nicht mehr durch den gesamten Körper bis zu den Zügeln und zurück fließen können.

Deshalb ist es wichtig, für jedes Pferd das richtige Tempo zu finden. Der optimale Bereich oder das optimale Tempo kann sich im Laufe der Zeit ändern. In dem Maße, wie das Pferd kräftiger und weiter ausgebildet wird, kann es auch ein langsameres Tempo mit längerer Beugephase der Hinterbeine aushalten. Man muss unter Umständen etwas experimentieren, um das richtige Tempo für jedes Pferd zu ermitteln. Verändert man das ursprüngliche Tempo, wird sich das Pferd entweder besser oder schlechter anfühlen. Fühlt es sich schlechter an, nachdem man das Tempo beschleunigt hat, verlangsamt man es etwas. Fühlt es sich anschließend besser an, verlangsamt man es noch ein wenig mehr. Früher oder später wird man auf diese Weise einen Punkt erreichen, an dem das Pferd sich nicht mehr verbessert, sondern verschlechtert. Dann weiss man, dass man sich außerhalb des “grünen Bereichs” befindet. Man ist beim Justieren des Tempos zu weit gegangen und muss wieder ein wenig in die andere Richtung gehen. Innerhalb des “grünen Bereichs” kann das Pferd sich ausbalancieren und loslassen. Außerhalb des grünen Bereichs (zu schnelles oder zu langsames Tempo) wird das Pferd seine Balance verlieren und steif werden.

Deshalb gefährdet ein zu schnelles, zu langsames, oder auch ein unregelmäßiges Tempo die Gesundheit des Pferdes.

Balancemangel ist ein wesentlicher Grund für Lahmheiten, da er immer zu Muskelblockaden führt, die den Bewegungsrahmen der Gelenke einschränken. Balance hat zwei fundamentale Aspekte: eine longitudinale Balance und eine seitliche Balance.

Sind die Vorderbeine zu stark belastet, weil sich die Hinterbeine nicht genug unter der Körpermasse beugen, werden sie früher oder später Schaden nehmen.

Die seitliche Balance hängt zusammen mit der Geraderichtung und der Schiefe. Ein schiefes Pferd neigt dazu, mit den Beinen (insbesondere mit dem Vorderbein) der konvexen/steifen Körperseite einen größeren Lastanteil zu stützen als mit den Beinen der konkaven/hohlen Seite. Stützen die Beine der konkaven Seite einen zu geringen Gewichtsanteil, müssen die Beine der konvexen Seite automatisch mehr arbeiten, da das Gesamtgewicht sich nicht ändert. Wird dies zum Dauerzustand, werden sie langfristig Schaden nehmen.

Aus diesem Grund müssen wir das Pferd in alle Richtungen ausbalancieren. Balance ist ein dynamischer Begriff, kein statischer. Das bedeutet, dass das Pferd in der Lage sein muss, die Last von einem Bein zum anderen und von einer Körperseite zur anderen zu verlagern. Ist das Gewicht jederzeit in alle Richtungen frei beweglich, ist das Pferd vollkommen ausbalanciert, und ein ausbalanciertes Pferd kann sich loslassen, sodass es nur die Muskeln benützt, die es wirklich braucht. Es gibt Muskeln, die für den Erhalt der Balance und der Haltung zuständig sind und es gibt Muskeln, die für die Fortbewegung zuständig sind. Verliert das Pferd seine Balance, muss es Fortbewegungsmuskeln einsetzen, um den Haltungsmuskeln bei der Stabilisierung des Körpers zu assistieren und zu verhindern, dass es umfällt. Die Reiterin spürt dies in Form von Widerständen gegen Sitz, Schenkel und Zügel, da das Pferd seine äußeren Muskellagen gegen die Reiterin anspannt und den Bewegungsrahmen seiner Gelenke reduziert.


Blockaden und Hypermobilität

Steifheiten in einem Körperteil gehen oft Hand in Hand mit falschen Knicks in anderen Körperteilen. Ist beispielsweise die Ganasche blockiert, wird das Pferd dies sehr wahrscheinlich kompensieren, indem es den Halsansatz seitlich verbiegt oder sich dort aufrollt. Mit anderen Worten, manche Körperteile bewegen sich zu viel, weil andere Körperteile sich nicht genug bewegen.

In manchen Fällen bewegen sich die Vorderbeine zu viel, wenn der Rücken festgehalten wird. Dies kann die Sehnen und Gelenke überbeanspruchen.

Muskelblockaden verringern den Bewegungsrahmen eines Gelenks, was oft dazu führt, dass andere Gelenke zu viel arbeiten, ganz ähnlich wie im Falle der Gewichtsverteilung.


Mangelnde Durchlässigkeit

Muskelblockaden unterbrechen auch den Energiefluß im Pferdekörper. Die Energie soll von den Hinterbeinen durch den Pferderücken und durch unsere Mittelpositur bis zum Gebiss oder der Pferdenase (falls man gebisslos reitet) fließen. Von dort wird die Energie durch die Zügel und unser Kreuz zurück zu den Hinterbeinen geschickt, ähnlich wie bei einem Stromkreis.

Ist das Pferd durchlässig, fliesst die Energie durch den gesamten Körper und unsere Hilfen können jeden Winkel des Pferdekörpers erreichen. Muskelblockaden sind wie Erdrutsche, die eine Straße blockieren, sodass der Verkehr zum Erliegen kommt. Hypermobile Zonen im Körper, die wir als “falsche Knicks” bezeichnen, sind wie Sinklöcher in einer Straße. So wie ein Fahrzeug in einem großen Sinkloch verschwinden kann, entweichen unsere Hilfen durch einen falschen Knick in die Atmosphäre. Muskel und Gelenke, die aufgrund von Muskelblockaden oder falschen Knicks nicht mit unseren Hilfen verbunden sind, brauchen nicht zu arbeiten, sodass die zugänglicheren Körperteile die ganze Arbeit leisten müssen, wodurch die Verletzungsgefahr für diese Teile steigt.


Aufrichtung, die nicht zur Beizäumung und der Hankenbeugung passt.

Passt die Kopf- und Halshaltung nicht zur Balance und dem Gang des Pferdes, vergrößert sich die Verletzungsgefahr. Übersteigt beispielsweise die Aufrichtung des Halses die Beuge- und Tragfähigkeit der Hinterhand, wird der Rücken den Druck nach unten, der durch die Aufrichtung hinter dem Widerrist entsteht, nicht an die Hinterbeine weiterleiten. Die Gelenke der Hinterhand werden sich dann strecken und die Kruppe nach oben drücken, während der Pferderücken nach unten durchgedrückt wird.

Das andere Extrem ist die Rollkur. Senkt man den Pferdekopf zu weit und verkürzt man gewaltsam den Hals, werden Hals, Schultern und Vorderbeine zu stark belastet.

Die Aufrichtung des Halses und die Beizäumung müssen zum Engagement und der Beugung der Hinterbeine, sowie zur Rückenbewegung passen. Zu viel oder zu wenig Aufrichtung, zu viel oder zu wenig Beizäumung stören die Balance des Pferdes und den natürlichen Fluß seiner Bewegungen, was ungesund ist und das Pferd anfällig macht für Verletzungen. Alle Körperteile müssen harmonisch zusammen arbeiten.

In Teil 2 dieses Artikels werde ich das Gegenstück zu dieser Liste besprechen: die Faktoren, die helfen, die Gesundheit des Pferdes zu bewahren.


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